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Christopher Ecker: Der Bahnhof von Plön.

 

 

 

Zwischen Apokalypse, Dystopie und Mummenschanz

 

Christopher Ecker zieht in Der Bahnhof von Plön mit schwerem Geschütz auf. Beängstigend konsequent bohrt sich der Kieler Autor in die Abgründe menschlicher Albträume. Der Protagonist, der sich im jüngsten Roman seinen Handlungsspielraum nur mit sich selbst teilen muss, mäandert als eine Mischung aus Superheld, Massenmörder und Oberstudienrat durch Raum und Zeit.

 

Jemand verfasst seine Memoiren. Christopher Ecker beginnt Der Bahnhof von Plön im Bereich des Beliebigen. Memoiren sind für alte Männer und noch auf den ersten eineinhalb Seiten belässt der Autor seine Leser im harmlosen Stillleben eines Kindes mit Hamster. Das gefällige und abgedroschene Bild eines Lebens im Hamsterrad steht in starkem Kontrast zum Rest des Werks. Selbiger ist von einem bildgewaltigen, cineastischen Stil geprägt.

 

Monumentalistische Gemälde

Zwar überzeugt Ecker seit jeher mit seiner Wortgewalt, diesmal jedoch gliedert er seinen Roman wie ein Regisseur. Vom anfänglichen Fokus auf einen Hamster im Laufrad schwenkt die Kamera im Laufe des Werks auf ein bombastisches Gemälde, dessen Eindrücklichkeit und Beklemmnis zwischen Hieronymus Bosch, Pieter Bruegel und Peter Paul Rubens wechselt. Sofort wird man in den Bann eines Antihelden gezogen, der versagen muss, scheitert und zum Schlächter wird.

 

Dabei spielt Ecker mit Metaphern, wie sie aus Agentenromanen, Fantasyepen und kafkaesken Dystopien bekannt sind. Weder aber legt er sich auf ein Genre fest, noch verfolgt er konsequent ein Ziel. Letztendlich endet sein Roman dort, wo er beginnt, oder er findet einen Weg, das Fantastische gegen die Realität zu tauschen oder er stellt ein neues Rätsel. Was ist der Mensch?

 

Vergangenheit und Zukunft eines Geschlechts

Schließlich bleibt der Autor im Vagen. Ein Held, nicht näher benannt, benimmt sich wie ein Geheimagent, ein Auftragskiller, der für obskure Personen, denen er sich verpflichtet fühlt, Aufträge ausführt, die sinnlos sind. Tötet er sein eigen Fleisch und Blut? Der Auftraggeber, »Lotse« genannt, führt den Protagonisten wie eine Marionette an Fäden durch die Handlung, die zwischen ekelerregend und fantastisch schwankt.

 

Dabei bedient sich Ecker gekonnt aus vielen Genres, wobei die einzelnen Schilderungen überaus plastisch geraten. Die Aufgaben, die der Antiheld bewältigen muss, gleichen denen der griechischen Sagen oder des nordischen Sagenkreises. Wie Beowulf, der sein eigenes Monstrum gebiert, schleppt der Held, der sich als Prinz eines niedergehenden Geschlechts entpuppt, die verwesenden Leichen seiner mörderischen Aufträge von einem Stockwerk ins andere.

 

Ein Konglomerat der menschlichen Erinnerungen

Zeitweise wähnt man sich bei »Game of Thrones«, ein andermal bei »James Bond« oder dem »Herr der Ringe«. Ein Prinz, begleitet von einem trollähnlichen, treuen Diener, reist durch die Zeit, um den Untergang seines Geschlechts zu verhindern. Geführt von seinen Feinden, die ihm seine ureigene Begabung, nämlich durch Zeit und Raum zu gleiten, entreißen wollen.

 

Was macht ein Held, der zwischen Trollen, Zauberern und untreuen Vasallen kämpft, um sich selbst zu retten? Was hat eine Wohnung in New York, unterkellert mit magischen Katakomben, mit dem Bahnhof von Plön zu tun? Es ist eine Rundreise, angestachelt von Eckers Fantasie, die an den archäologischen Entdeckungen des Plöner Sees beginnt, die Gedanken parallel zu unserer eigenen Menschheitsgeschichte weiterspinnt und in der Jetztzeit eines Kieler Gymnasiums endet.

 

Karikatur des Übermenschlichen

Letztendlich wird der Antiheld auf einem Parforceritt durch die menschliche Entwicklungs- und Kulturgeschichte begleitet. Mündliche Überlieferungen und magische Verwicklungen spielen dabei eine große Rolle. Ebenso die endlosen Fragen nach der Zukunft der Menschheit und der Kapazität menschlichen Denkvermögens. Ecker beantwortet sie mit einem sarkastischen Schmunzeln.

 

Denn wenn ein zeit- und raumreisender, übermenschlicher Prinz eines aussterbenden, magischen Zauberergeschlechts, dessen Diener Trolle und Magier sind, den unsagbaren Qualen der Folter unterzogen wird, in Folge derer er die überragenden Fähigkeiten seines Geistes verliert, entsteht daraus – oh Wunder – ein Oberstudienrat für Deutsch und Philosophie. Was also ist der Mensch?

 

Titelangaben:

Christopher Ecker: Der Bahnhof von Plön.

Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2016. 400 Seiten. 22,95€.

 

 

 

Neu Gelesen

Kate Hodges: Powerfrauen. Was Beyoncé mit Michelle Obama und Anne Frank verbindet.

Claudia Peters, Dorothea Siegert-Binder: Yoga kennt kein Alter.

Jutta Vogt-Tegen: 99 Wege zur Achtsamkeit.

Franz Alt, Helfried Weyer: Unsere einzige Erde. Eine Liebeserklärung an die Zukunft.

Dylan Thuras, Rosemary Mosco, Joy Ang: Atlas Obscura. Kids Edition. Entdecke die 100        abenteuerlichsten Orte der Welt.

Ruan Guangmin, Johannes Fiederling: DongHuaChun Friseursalon.

 

 

 

Last Minute Weihnachten

 

Ehrlich: Bücher sind das beste Last-Minute Geschenk ever. Unter diesem Motto stelle ich euch heute sechs Ausgaben vor, die sich seit Wochen zur Rezension auf meinem Schreibtisch stapeln und stapeln und stapeln und sich aber jeweils perfekt als Weihnachtsgeschenk eignen. Das sind Kate Hodges‘ Powerfrauen. Was Beyoncé mit Michelle Obama und Anne Frank verbindet, Claudia Peters‘ und Dorothea Siegert-Binders Yoga kennt kein Alter, Jutta Vogt-Tegens 99 Wege zur Achtsamkeit, Franz Alts und Helfried Weyers Unsere einzige Erde. Eine Liebeserklärung an die Zukunft, Dylan Thuras‘, Rosemary Moscos und Joy Angs Atlas Obscura. Kids Edition. Entdecke die 100 abenteuerlichsten Orte der Welt sowie Ruan Guangmins und Johannes Fiederlings DongHuaChun Friseursalon.

 

Beginnen möchte ich mit Ruan Guangmins und Johannes Fiederlings DongHuaChun Friseursalon. Das Kuriosum an dieser Graphic Novel ist die Tatsache, dass sie zweisprachig verfasst wurde und der deutsche Teil sich von hinten nach vorne liest. Hat man sich daran erst gewöhnt, darf man ganz in eine asiatische Familiengeschichte eintauchen, die sehr unpolitisch verfasst wurde, aber viel von persönlichen Träumen und Versagensängsten in einer kleinen Gemeinde erzählt.

 

Kulturwechsel

Ein Dorffriseur erhält einen Brief von seinem verschollenen Vater und mit dem Brief eine Schwester. Sein Gehilfe ist ein ehemaliger Häftling, ein korrupter Polizist und ein Gerechtigkeitsfanatiker spielen ebenfalls tragende Rollen. Immer wieder wechseln Gegenwart und Vergangenheit sich ab, dank der tollen grafischen Darstellung hält sich die Verwirrung beim Lesen in Grenzen. Ein Comic, der von Enttäuschungen, neu gefundenen Lieben und den ruralen Strukturen Asiens spannend erzählt.

 

Sehr ansprechend gestaltet ist auch der Atlas Obscura von Dylan Thuras, Rosemary Mosco und Joy Ang. Perfekt auf Kinder abgestimmt können hier wundervoll illustriert magische Orte besucht werden, die es wirklich gibt. Wer schon einmal seinen Urlaub planen möchte oder sich für Geocaching interessiert, findet auch alle notwendigen Koordinaten und Informationen. Jeder Ort erhält eine Doppelseite und schnell begreift man beim Lesen auf welch wunderbarem Planeten wir wohnen dürfen.

 

Hommage an Mutter Erde

Die Erwachsenen erfahren einen ähnlichen Effekt beim Schmökern in Franz Alts und Helfried Weyers Unsere einzige Erde. Eine Liebeserklärung an die Zukunft. In herrlichen Bildern unterlegt mit Zitaten aus Bibel, Literatur und anderen Weltreligionen stellt der Journalist Franz Alt dar, weshalb wir unserem Planeten gegenüber eine nicht auflösbare Verpflichtung haben. Spätestens beim Betrachten der atemberaubenden Fotografien von Helfried Weyer stellt sich auch die Frage der Verantwortung, die wir für nachfolgende Generationen übernommen haben.

 

Dass nicht nur unsere Erde, sondern auch die Menschen darauf etwas ganz Besonderes sind, lese ich in Kate Hodges: Powerfrauen. Was Beyoncé mit Michelle Obama und Anne Frank verbindet. In hinreißend illustrierten Kurzporträts stellt Hodges Frauen vor, die jeweils etwas für ihre Zeit Außergewöhnliches geleistet haben. Es überqueren Frauen im Flugzeug oder Boot die Welt, sie studieren zum ersten Mal Medizin oder erhalten zwei Nobelpreise.

 

Besondere Menschen

Schnell wird klar, was sie im Netzwerk der Autorin verbindet: Jede Frau hat eine Vision, die sich zu einer Mission weiterentwickelt und ihr besondere Kraft gibt. Besonders reizvoll finde ich die Idee im Buch, alle diese großartigen Frauen mit einer Art Spinnwebfaden untereinander zu verbinden. So weiß ich, dass Nina Simone Gemeinsamkeiten mit Patti Smith und Josephine Baker hatte und lebe am Ende des Buchs in einem weiblichen Universum der omnipräsenten Verknüpfungen. Netzwerken tut offensichtlich allen Frauen gut!

 

Zu guter Letzt noch zwei Werke, die sich auf den besonderen Menschen in jedem von uns beziehen. In Jutta Vogt-Tegens 99 Wege zur Achtsamkeit lernen wir, radikal zu entschleunigen. Vielleicht bleibt in den Tagen zwischen den Jahren für die eine oder andere Zeit, Vogt-Tegens Tipps zu nutzen?  Tatsächlich habe ich mir auch eine Meditationstechnik herausgesucht, von der ich weiß, dass ich sie gut anwenden kann.

 

Mens sana in corpore sano

Für den gesunden Körper bietet sich Claudia Peters‘ und Dorothea Siegert-Binders Yoga kennt kein Alter an. Humorvoll illustriert wird deutlich, dass es auch als Mensch jenseits der fünfzig überhaupt nicht schaden kann, sich regelmäßig in alle Himmelsrichtungen zu verbiegen. Dabei sind die Übungen angepasst an Körper, die bereits ein arbeitsreiches Leben hinter sich haben. Immer begleiten gute Worte die Übungen, schließlich soll Yoga Körper und Geist ausgleichend in Einklang bringen. Für die Feiertage ist das doch ein wundervoller Vorsatz!

 

Titelangaben:

Kate Hodges: Powerfrauen. Was Beyoncé mit Michelle Obama und Anne Frank verbindet.

Darmstadt: WBG 2019.  192 Seiten, 20,99€.

Claudia Peters, Dorothea Siegert-Binder: Yoga kennt kein Alter.

Ostfildern: Verlag am Eschbach, 2018. 64 Seiten. 15€.

Jutta Vogt-Tegen: 99 Wege zur Achtsamkeit.

Köln: Lingen Verlag, 2017. 160 Seiten. 9,95€.

Franz Alt, Helfried Weyer: Unsere einzige Erde. Eine Liebeserklärung an die Zukunft.

Ostfildern: Patmos Verlag, 2019. 144 Seiten, 28€.

Dylan Thuras, Rosemary Mosco, Joy Ang: Atlas Obscura. Kids Edition. Entdecke die 100        abenteuerlichsten Orte der Welt.

Bindlach: Loewe Verlag, 2019. 112 Seiten, 19,95€.

Ruan Guangmin, Johannes Fiederling: DongHuaChun Friseursalon.

Uitikon-Waldegg: Chinabooks, 2018. 430 Seiten. 24,90€.

 

 

 

 

Neu Gelesen

Hans Christian Andersen: Die Schneekönigin

Jane Austen: Eine Rose für Mr. Darcy. In Jane Austens Garten

Stephanie Hauschild: Summer Queen und Maiden Blush. Obstportraits von Frauen des 19. Jahrhunderts.

Schön beschenkt

Alle drei Büchlein, die ich heute vorstelle, eignen sich perfekt als bibliophile Weihnachtsgeschenke.

Sowohl Hans Christian Andersens Die Schneekönigin, als auch Jane Austens Eine Rose für Mr. Darcy. In Jane Austens Garten und Stephanie Hauschilds Summer Queen und Maiden Blush. Obstportraits von Frauen des 19. Jahrhunderts laden zum Blättern und Schmökern ein. Angesprochen fühlen sich all jene, die gerne Buchkunst ansehen, einen Hang zur Natur haben und graphische Qualitäten schätzen.

Dabei handelt es sich bei der Austen Sammlung und dem Andersen Märchen um kleine Buchschätze, die ein wunderbares Mitbringsel abgeben. Zwar ist die Märchenillustration modern und neu gehalten, doch erinnert sie in der Komposition an die wunderschönen Buchgestaltungen aus dem Jugendstil und Artdeco. Aufgrund der kleinen Schriftgröße würde ich das Büchlein eher an Märchenliebhaber denn an ein Kind verschenken, das sich in der Buchstabendichte etwas verlieren könnte.

Nostalgische Natur pur

Bezaubernde Gartenansichten aus englischen Gärten, dazu auch Jane Austens Garten, kombiniert mit Auszügen aus Briefen und Büchern der beliebten britischen Schriftstellerin machen Eine Rose für Mr. Darcy zu einem Juwel für Liebhaber nostalgischer Hortikultur. Wie immer erfrischt Jane Austens weise und pragmatische Sicht auf die Dinge Herz und Sinn. Dank der zauberhaften Fotografien fühlt man sich direkt in die Zeit von Mr. Darcy oder Emma zurückversetzt.

Ähnlich befasst sich Stephanie Hauschilds Summer Queen und Maiden Blush mit den Darstellungen von Gärten amerikanischer Frauen aus dem 19. Jahrhundert. Ihr haben es vor allem die Zeichnungen der Künstlerinnen angetan, die für die amerikanische pomologische Gesellschaft die Bandbreite der regionalen Obstsorten abgebildet haben. Ihre Recherchen beziehen auch die Ausbildung der Zeichnerinnen und deren gesellschaftliche Stellung mit ein, wenn es auch einen etwas bitteren Nachgeschmack hat, wenn als Quelle allen Ernstes Wikipedia genannt wird.

Schön anzuschaun

Alle drei Bücher bestechen durch die schöne haptische Gestaltung und die wundervollen Bilder, die darin enthalten sind. Als Geschenk sind sie damit wundervoll, in die Annalen der hochwertigen Ausgaben werden sie wohl kaum eingehen. Für Liebhaber einschlägiger Literatur sind sie aber ein herrlicher Schatz an ästhetischen Darstellungen, in den man sich gerne versenkt.

Titelangaben:

Hans Christian Andersen: Die Schneekönigin

Ostfildern: Thorbecke Verlag, 2019. 64 Seiten, 9,90€.

Jane Austen: Eine Rose für Mr. Darcy. In Jane Austens Garten

Ostfildern: Thorbecke Verlag, 2019. 64 Seiten, 9,90€.

Stephanie Hauschild: Summer Queen und Maiden Blush. Obstportraits von Frauen des 19. Jahrhunderts.

Ostfildern: Thorbecke Verlag, 2019. 160 Seiten, 26€.

Es weihnachtet!

Hals über Kopf sind wir ins erste Adventswochenende gestartet. Wie gut, dass wir schon erprobt im Dekorieren sind und mittlerweile sogar mein Jüngster die Adventskalender an der Treppe anbringen kann.

Meine Große hat sich an einem Nachmittag auf den Weg zu unserer Obstwiese gemacht und den alten Zwetschgenbaum vom Mistelzweig befreit, der nun über unserer Küchentür hängt. Schön, dass diese Tradition nun auch richtig selbstgemacht ist. Für den Laden habe ich wieder einen großen Weihnachtsbaum gemacht, vielleicht wandert der auch nach oben, wer weiß.

Und Adventskranzbinden fällt aus, denn mein wundervoller Papieradventskranz aus alten Gartenkatalogen begleitet mich seit drei Jahren. Dafür war meine Zweite beim Kerzenziehen mit dem Jüngsten.

Trotzdem ist es stressig und ich freue mich jedesmal, wenn „Entspannen“ heißt, dass ich es schaffe, neben dem Lernen noch zu stricken. Wenn Zeit bleibt, arbeite ich für den Laden. Diesmal wurden es ein Notizhalter aus einem Buch und eine Puppe für eine Kundin.

Mein Jüngster hat schon seinen Wunschzettel aufgehängt. Meiner wär ganz kurz: Ruhe und Zeit mit meinen Lieben.

Wie geht es Euch in der Adventszeit?

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Neu Gelesen

Donna Hay: Weihnachten Festlich genießen.

Julia Cawley, Saskia Van Deelen, Vera Schäper: Hello Santa. Backen – Lesen – Genießen.

Christian Rätsch, Claudia Müller – Ebeling: Heidnische Weihnachten. Bräuche, Riten, Rituale.

Es weihnachtet sehr!

Diesmal kommt es dicke weihnachtlich. Passend zum ersten Advent stelle ich Euch heute die Bücher vor, die gerade auf meinem Nachttisch oder in der Küche liegen. Nämlich Donna Hays Weihnachten Festlich genießen,Julia Cawleys, Saskia Van Deelens und Vera Schäpers Hello Santa. Backen – Lesen – Genießen sowie Christian Rätsch, Claudia Müller – Ebeling: Heidnische Weihnachten. Bräuche, Riten, Rituale.

Der Einfachheit halber beginne ich mit dem für mich schwierigsten Titel. Es ist Donna Hays Weihnachten Festlich genießen. Was ich bis zum Schmökern überhaupt nicht begriffen hatte, ist, dass Donna Hay aus Australien stammt. Ihr versteht, was ich meine? Während ich auf Tiefkühlgemüse zurückgreife und saisonal Kohl, Rüben und Kartoffeln kaufe, liegen im Hay’schen Haushalt marinierte Shrimps auf dem Weihnachtsgrill.

Einmal um die Welt

Das tolle daran: Donna Hay stellt meine Weihnachten einfach auf den Kopf, auch kulinarisch. Die entsprechende Küche ist mediterran, leicht, fruchtig und karibisch geprägt. Gefüllte Zucchiniblüten, Garnelen, Hummer-Brötchen und Finger – Sandwiches mit Räucherlachs katapultieren mich in eine Region, in der an Weihnachten Hochsommer herrscht. Das Doofe daran: Ohne schlechtes Gewissen kann ich da nur wenig nachkochen.

Dennoch gefallen mir die Rezepte, die auch viel von amerikanischen und britischen Weihnachtstraditionen mit sich bringen, mit denen ich sonst nicht in Kontakt käme. Für einen klassischen marinierten Weihnachtsschinken gibt es sage und schreibe fünf Variationen, ähnlich geschieht es dem Truthahn. Bestimmt ist da für jeden etwas dabei. Weihnachtsbraten nach Donna Hay schmeckt aromatisch und fruchtig, nicht unbedingt schwer wie bei mir zuhause.

Exklusive Rezepte

Selbst die vegetarischen Rezepte muten exotisch an. Champagner-geschmorte Thymian – Pastinaken, Honig-Mandel Hasselback Kürbis, Brioche – Toast mit Birnen und Rosmarin. Fast die Hälfte der Rezepte betreffen die süßen Gaumenfreuden, Pawlowas, Christmas -Cakes und Puddings, Torten und Karamellbonbons geben sich die Klinke in die Hand. Weihnachtsfreuden sind hier garantiert!

Cawley, Van Deelen und Schäper sind dagegen sparsamer mit ihren Rezepten, in Hello Santa. Backen – Lesen – Genießen versuchen sie, ein Winterkindheitsmärchen zu Papier zu bringen. Zauberhafte, stimmungsvolle Fotos machen dieses Buch in Kombination mit den wundervollen Rezepten und den durchdachten Einführungen zum idealen Geschenk für all jene, die auch einmal in Ruhe schmökern möchten.

Wintergeschichten

Die Rezepte sind ideal für süße Schleckermäuler und es findet sich so manche kulinarische Geschenkidee darunter. Die herrlichen Winterbilder stimmen bisweilen wehmütig. Ich glaube kaum, dass ich diesen Winter auf meinen Obstwiesen solch verschneiten Zauber antreffen werde. Dafür sind die Rezepte traumhafte Variationen von altbekannten Leckereien wie gebrannten Nüssen, Hefegebäck und Blechkuchen. Das garantiert schonmal, dass einige Rezepte auch tatsächlich durchführbar sind.

Ganz anders befassen Christian Rätsch und Claudia Müller – Ebeling sich in Heidnische Weihnachten. Bräuche, Riten, Rituale mit dem Fest der Liebe. Schade, dass der Titel nicht Preis gibt, dass sich das Buch vor allem auf die botanischen Aspekte unseres Weihnachtsfestes konzentriert. Trotzdem ist es faszinierend, zu lesen, wie sich all unsere Bräuche, die sich in Europa um Weihnachten ranken, geschichtlich entwickelt haben.

Heidentum und Christentum

Viele der Brauchtumsriten stammen aus vorchristlicher Zeit. Der Weihnachtsbaum, das Räuchern, die Figur des Nikolauses oder die Tradition, an Weihnachten Geschenke zu machen sind Überbleibsel unserer heidnischen Vorfahren und wurden von den christlichen Missionaren geschickt umgemünzt. Rätsch und Müller-Ebeling stellen nicht nur die vorchristlichen Traditionen vor, sie untersuchen vor allem die botanischen Aspekte genau und bieten mit aktuellen Rezepturen den Menschen, die gerne auf den Spuren der Vorfahren wandeln möchten, eine Plattform. So wird Weihnachten nicht nur ein Fest, sondern auch verstanden!

Titelangaben:

Donna Hay: Weihnachten Festlich genießen.

München: AT-Verlag, 2019. 240 Seiten. 29,90 €.

Julia Cawley, Saskia Van Deelen, Vera Schäper: Hello Santa. Backen – Lesen – Genießen.

Ostfildern: Thorbecke Verlag, 2019. 168 Seiten. 28 €.

Christian Rätsch, Claudia Müller – Ebeling: Heidnische Weihnachten. Bräuche, Riten, Rituale.

München: AT-Verlag, 2003. 320 Seiten. 25 €.

Vorweihnachten

Eigentlich dachte ich, ich wär ganz gut dabei. Bin ich irgendwie auch noch immer, wenn man mal vom ganz normalen Chaos absieht. Es entstehen am Band Kleinigkeiten für den Laden und dieses Jahr habe ich für mich zwei neue Faltungen entdeckt. Einmal für Sterne, einmal für Anhänger. Außerdem entsteht wieder ein großer Weihnachtsbaum. Wie schön, dass es Weihnachten werden kann.

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Fleissiges Wochenende

Es macht Spass, wenn Dinge von der Hand gehen und manchmal habe ich so eine diebische Freude daran, meiner Umwelt zuzusehen. Mein neuestes Lacetuch wird fertig und hängt im Keller zum Spannen.

Während des Abendessenkochens habe ich eine Schüssel Apfelessig angesetzt (einfach die kleinen Äpfel geschnitten, die eh niemand verarbeiten will) und ein Glas Kastanienwaschmittel. Dieses Jahr habe ich nicht viele Kastanien, weil Jakob alle seinem Freund vermacht hat. Mist.  Am Sonntag habe ich meine Eltern besucht und bin über ein kurioses Schild gestolpert. Was denkt Ihr darüber? Nicht, dass es makaber wäre…

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Müde Krieger

Wenn ich mir auf den Fotos der letzten Tage ansehe, was ich während der Woche so treibe, wundert es mich gar nicht, dass ich pausenlos müde bin. Im Laden arbeite ich grade an einem neuen großen Korb (er soll mal im Bad stehen, wenn er passt), in der Küche wächst ein neuer Weihnachtsbaum.

Am Wochenende haben wir es endlich geschafft, die kleine Nixe an den Brunnenrand zu setzen. Hoffentlich überlebt sie den Winter.

Auf den Obstwiesen gibt es hier und da noch ein paar letzte Äpfel, dafür trägt unser Quittenbäumchen wie ein Wahnsinniger. Ist doch auch gut, die Kinder lieben Quittenspeck und Quittengelee.

Und während eigentlich die Neuroanatomieklausur naht, bilde ich mir ein, dass ich so gerne wieder Hackbrett üben möchte. Aufgestellt ist es, es klingt scheußlich. Bald muss ich mal ordentlich stimmen.

Die letzten Sonnenstrahlen treiben mich bei jeder Gelegenheit nach draußen, irgendwie ist für Drinnen noch gar kein Platz in meinem Leben. Wie geht es Euch in diesem strahlenden Herbst?

Immerhin entsteht Vieles und Abends müde sein ist völlig in Ordnung.

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Neu Gelesen

DUDEN:Ich bin liebenswert.

DUDEN:Freundinnen. A wie Allerbeste bis Z wie Zusammenhalt.

Van Vliet, Elma: Herzensfragen. 50 originelle Fragen für tolle Gespräche mit deiner Mutter.

Kleine Geschenke

Das Jahresende naht mit Riesenschritten, Geburtstage und Feste lauern hinter allen Ecken, zumindest in meiner Familie. Daher bin ich stets dankbar für kreative Geschenkvorschläge. Diesmal halte ich Ich bin liebenswert und Freundinnen. A wie Allerbeste bis Z wie Zusammenhalt aus dem DUDEN – Verlag in der einen Hand und Herzensfragen. 50 originelle Fragen für tolle Gespräche mit deiner Mutter von Elma van Vliet in der anderen Hand. Gut, drei Geschenke sind gefunden.

Ein schönes Geschenk darf manchmal auch nur sehr freundlich sein, ohne dass man sich irgendwelchen geistreichen Superlativen unterwirft. Zum Beispiel kann ein kleines, nettes Büchlein ein Kaffeekränzchen versüßen, die perfekte Ergänzung zu selbstgemachter Marmelade sein oder einen langen Wintertag magisch untermalen. Alle drei Eigenschaften bringen diese kleinen Geschenke mit sich.

Wie schön ist das Leben

Ich bin liebenswert ist eine Hommage an gesunden Egoismus. Und zwar an einen, den man sich selbst erst erschaffen muss. Tatsächlich gibt es nach einer kurzen Einführung gar nicht mehr viel zu lesen, denn es handelt sich um eine Art Tagebuch. Während wir uns tagtäglich von einer globalisierten Medienindustrie einreden lassen, wie wir zu sein haben, dürfen wir im Tagebuch uns einfach gut finden. Wie wohltuend.

Die einzelnen Seiten sind mit wundervollen Zitaten berühmter Persönlichkeiten gespickt, die allesamt die Bedeutung der Selbstliebe unterstreichen. Dazu gehören so illustre Namen wie Robert Musil, Rita Mae Brown, Winston Churchill oder Miss Piggy. Als Mutter von zwei Teenagern wünsche ich jedem Mädchem, jedem Jungen die Gabe, sich selbst anzunehmen und zu lieben als Grundvoraussetzung dafür, andere zu lieben. Vielleicht hilft dieses Journal dabei.

Best Friends ever

Schön, wenn man diese Liebe auch an seine Freundinnen weitergeben kann. Freundinnen sind etwas Besonderes, jede weiß das. Mit ihnen wird alles Leid und jede Freude dieser Welt geteilt. Für alle, die ihre Zuneigung nicht selbst in Worte fassen können, ist Freundinnen. A wie Allerbeste bis Z wie Zusammenhalt ideal. Von A bis Zett gibt es in schönster DUDEN- Tradition, allerdingst liebevoll illustriert Bemerkungen zur besten Freundin.

Von »Geheimnisse« über »Freitagabend« und »Yogakurs« sind alle möglichen und unmöglichen Substantive, Adjektive und Verben zu finden, die gemeinhin mit Freundschaft verbunden werden. Natürlich ist vieles davon kitschig, aber das darf ein Geschenk an die beste Freundin auch mal sein, solange es mit Prosecco oder einem Capuccino verbunden ist. Wieviele Stunden habe ich schon mit meinen Freundinnen verquatscht und ich möchte doch keine davon missen….

Du, Mamaaaa

In Herzensfragen. 50 originelle Fragen für tolle Gespräche mit deiner Mutter komme endlich ich auf meine Kosten. Bestimmt kennen auch andere Mütter nervige Fragen ihrer Kinder. Meine glänzen gerne mit Bonmots wie »Mama, gab’s, als du ein Kind warst, schon Strom?«. Was soll ich darauf antworten? Konstruktive Gespräche sehen anders aus. Ich wünschte, ich hätte diese Gesprächskarten als junges Mädchen gehabt, ich hätte sie mit meiner Mutter durchgelesen.

Sehr persönlich und humorvoll wird über beider Leben gesprochen, das der Mutter, das des Kindes. Erinnerungen an die Kindheit, wie haben sich die Eltern kennengelernt, was erfüllt uns mit Stolz. Blicke in die Vergangenheit und Zukunft, was möchte man verändern, was war toll, wie hat die eigene Mutter das Erwachsenwerden und Muttersein erfahren? Solche Informationen erhält man mitunter selten, vor allem außerhalb des allzeit erhobenen Zeigefingers. Kinder finden es immer toll, ihre Eltern neu zu verstehen, und Eltern können hier endlich einmal sagen, wie sehr sie ihre Familie lieben!

Titelangaben:

DUDEN:Ich bin liebenswert.

Berlin: Duden – Verlag, 2018. 160 Seiten, 14€.

DUDEN:Freundinnen. A wie Allerbeste bis Z wie Zusammenhalt.

Berlin: Duden-Verlag, 2018. 64 Seiten, 10€.

Van Vliet, Elma: Herzensfragen. 50 originelle Fragen für tolle Gespräche mit deiner Mutter.

München: Knaur Verlag, 2019. 102 Seiten, 10,99€.

Neu Gelesen

Adolf Muschg: Der weiße Freitag. Eine Erzählung vom Entgegenkommen.

Vom Erklimmen des Unbezwingbaren

Als Goethe sich einer Wanderung zum Gotthard aussetzt, noch dazu im November, liegt das Schicksal des Weltliteraten in den Händen der Natur. Er kämpft sich tapfer durch, erhofft Erleuchtung und Errettung, so wie der zweite Protagonist in Adolf Muschgs Der weiße Freitag. Eine Erzählung vom Entgegenkommen. Autobiographisch angehaucht begeben zwei Männer sich auf eine Reise ins Innerste, ins Äußerste. Sie konfrontieren sich mit dem Tod und treffen so auf das Leben. VIOLA STOCKER darf sie begleiten.

Mit Goethe hat sich Muschg einen Lieblingshünen der deutschsprachigen Literatur ausgesucht. Ihn begleitet er auf einer Reise, die zwischen akribisch recherchiert und waghalsig ausgedacht mäandert. Sie setzt er als Parallele zur eigenen Reise in das Innerste seines Wesens, die Grundsteine seiner Existenz. Der eine Protagonist will hoch hinaus, Luft holen von den öden Verwaltungsaufgaben eines Regierungsbeamten, dessen literarisches Genie blockiert wird. Der andere sieht sich konfrontiert mit erschütternden Erkenntnissen über die eigene Existenz und den folgenden Sinnfragen.

Verwobene Existenzen

Goethe wird begleitet von seinem Landesherrn, dem jungen Erbprinzen von Weimar, Carl August, seinem Sekretär, den Bergführern. Muschg webt sein Alter Ego mitten in die Episoden Goethes, dessen Frankfurter freiheitliche Kaufmannsgeschichte sich mit fürstlichen Intrigen so schlecht verträgt. Der bis dato unbekannte Autor des »Werther« ist zu einer Art Popstar im deutschsprachigen Raum geworden. Carl August steht im Schatten seines Hofstaats.

Muschg hingegen lässt seinen Erzähler ebenfalls pendeln, zwischen der Kindheit mit einer depressiven Mutter und dem früh verstorbenen Vater, seiner japanischen Ehefrau, anthroposophischen Familientraditionen und den erschütternden Diagnosen seiner Ärzte in der Klinik. Was ist zu tun, wenn es nichts zu tun gibt, als gegen Unmögliches anzukämpfen? So gerät die Erzählung zum stillen Zwiegespräch, Goethes Auseinandersetzungen mit den Musen, dem eigenen Genie, der Realität vermengen sich mit japanischen Arrangements im Garten, schillernden Spiegeln auf Terrassen, dem Wind im Baum vor dem Haus des Autors.

Endlich sich selbst entwachsen

Während des Autors Protagonist von einer Krebsdiagnose heimgesucht wird, angesichts derer sich alle je gesprochenen Worte, Dialoge und Fragen zum allumfassenden ästhetischen Choral bachschen Ausmasses vereinigen, flieht Goethe als »Weber« vor dem Autor des »Werther«. Es lassen sich im niedern Tal des Alltags keine weltumspannenden Worte niederschreiben, doch oben, als es schon scheint, die kleine Wandergruppe müsse umkehren, flüstert die Muse endlich die entscheidenden Worte: »Ewig«.

Muschg erzählt diese Reise, wie ausgedacht sie scheint, als umsichtiger Kommentator einer Welt, die schon sehr viel weiß. Darin ähnelt er Goethe, dem wissbegierigen, dessen Geist auch nicht vor Mineralen und Farben halt machte. Griechische Mythologie verbindet sich mit der aktuellen politischen Situation einer neuen Völkerwanderung, in der viele Menschen die vertraute Umwelt verlassen und sich ins Unbekannte geben. Dies sind die großen Parallelen in Muschgs Erzählung, die Fingerzeige auf die Omnipräsenz des unbezwingbaren Schicksals.

Dem Herzschlag lauschen

Berührend intim sind die Gespräche, die Muschg Goethe andichtet, klug und persönlich die Gesprächsfetzen, die auch aus Interviews mit dem Literaturprofessor stammen könnten. Der weiße Freitag ist nicht nur eine Erzählung über die Überwindung eines Schicksals, es ist auch eine Metaerzählung über den Prozess des Schreibens, Dichtens, eine Rekonstruktion des Flügelschlags der Musen kluger Menschen. Was inspirierte Goethe? Was bringt Adolf Muschg zum Schreiben? Der Autor lässt die Fragen unbeantwortet, alles endet in Fragezeichen und mündet in einen hermeneutischen Zirkel.

Titelangaben:

Adolf Muschg: Der weiße Freitag. Eine Erzählung vom Entgegenkommen.

München: C.H.Beck, 2017. 251 Seiten. 22,95€.