Archiv für den Monat: April 2019

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Katja Haas: Brush Lettering und Watercolor.

Chris Campe: Handbuch Handlettering. Eigene Buchstaben & illustrative Schrift gestalten.

Schreibt schön!

Katja Haas und Chris Campe haben es mit ihren Büchern Brush Lettering und Watercolor und Handbuch Handlettering. Eigene Buchstaben & illustrative Schrift gestalten auf etwas abgesehen, das wir heute kaum mehr benötigen: Eine schöne Handschrift. In der Generation Whatsapp, Snapchat, Instagram und Facebook ist nichts weniger wichtig als das geschriebene Wort. Geradezu passend dazu wird eine schöne Schrift zum Luxusgut der Nostalgiker.

Als ich noch in der Grundschule war, galt »Schönschrift« zu meinem großen Leidwesen als reguläres Unterrichtsfach. Besonders schön habe ich nämlich noch nie geschrieben. Entsprechend gestalteten sich meine Zensuren und ich habe mir einen besonderen Respekt vor der schönen Handschrift angeeignet. Wenn nun der Trend gar zur dekorativen Handschrift, zum Handlettering, geht, die nur durch die sportliche Moderne von der Kalligraphie zu unterscheiden ist, fühle ich mich ein bisschen an die Wand gestellt.

Das Geheimnis der Schönschrift

Chris Campe und Katja Haas gehen die Schönschreiberei auf je eigene Weise an. Für alle, die es im Notfall »quick and dirty« mögen (ich zähle mich gleich mal dazu) ist Katja Haas dünneres Taschenbuch die erste Wahl. Ums schöne Schreiben geht es auch hier, doch Perfektionismus wird genauso wenig erwartet wie typographische Vorbildung. Statt dessen erwarten mich seitenweise Buchstabenübungen, Tips für die passenden Stifte (mit entsprechender Werbung) und grafische Entwürfe, die sofort einsetzbar sind.

Meine Tochter hat sich in Katja Haas‘ Styleguide verliebt und schafft, was mir die letzten dreissig Jahre nicht gelungen ist: Schön zu schreiben. Klar kratzen die bunten Schriften mit Blending, Watercolorextras und Texteffekten nur an der Oberfläche, aber für uns Sonntagsmaler ist das genug. Man darf sich allerdings von Katja Haas außerhalb der praktischen Tips nicht viel erwarten. Die sind aber völlig ausreichend, um Tisch- und Grußkarten ansprechend zu gestalten.

Für Buchstabenverliebte

Ganz anders bei Chris Campe, Buchhändlerin und Kommunikationsdesignerin aus Hamburg. Sie liebt alles, was mit Buchstaben und Worten zu tun hat und wird von einem durchdringenden, ganzheitlichen Anspruch getrieben. Man sieht sofort: Hier kommt der Profi. Von der Entwicklung der Schrift, bis hin zu klitzekleinen graphischen Details erfährt man alles Notwendige zum Thema Druckschrift.

Dabei liegt der Fokus keineswegs auf Grußkarten, Campe denkt in größeren Dimensionen. Plakate, Magazine, Buchcover, Ladenschilder, Werbetafeln: Originelle Schriftarten verleihen jedem Wort das gewisse Etwas. Für alle, die wie die Profis arbeiten wollen, bietet Campe nicht nur detaillierte Anleitungen für jeden Buchstaben auf jede nur erdenkliche Art und Weise, auch Fehler werden besprochen und schlussendlich darf auch der Fortschritt nicht fehlen: Die eigene Handschrift wird digitalisiert, nachbearbeitet und perfektioniert.

Puristen oder Träumer

Letztendlich ist meine Entscheidung längst gefallen: Ich kann einfach nicht schön schreiben. Deshalb darf meine Tochter Katja Haas‘ praktischen Handlettering – Guide behalten, während Chris Campes Typographiebibel zu einer Freundin wandert, die als Grafikerin täglich mit Schrift arbeiten muss. Schuster, bleib bei deinem Leisten! Und ich kann definitiv besser tippen als schreiben.

Titelangaben:

Katja Haas: Brush Lettering und Watercolor.

Köln: Lingen Verlag, 2018, 80 Seiten, 9,95 €.

Chris Campe: Handbuch Handlettering. Eigene Buchstaben & illustrative Schrift gestalten.

Bern: Haupt Verlag, 2017, 160 Seiten. 29,90€.

Farbenstrahlen

Es wär ja ein Wunder, wenn alles immer so leicht wär. Grad hader ich mit meinem Zeitmanagement genauso wie mit meinem Entschluss, nochmal eine Ausbildung anzufangen. Gottlob war am Wochenende eitel Sonnenschein draußen, so dass ich die bunten Ecken meines Ladens mit in den Garten nehmen konnte. Sonne und Licht tun so gut nach einem dunklen Winter. Seht Ihr, dass mein Teppich fertig geworden ist? Ich will Ostern einen bunten Balkon haben, ein bisschen Zeit dafür hab ich noch. Und ich habe mir vorgenommen, endlich das Gestell für eine Skulptur, das mein Mann mir zum letzten Geburtstag gebaut hat, zu bestücken. Mit PET-Flaschen. Sogar eine rosafarbene aus dem Spanienurlaub ist noch dabei.

Sonst bin ich viel mit Lernen und Organisieren beschäftigt und fühle mich von Schuldgefühlen gegenüber meiner Familie geplagt. So ungefähr wie Orest von den Erinnyen gejagt wurde. Ich verbringe zu wenig Zeit mit meinen Kindern und meinem Mann, Haus, Garten und Obstwiese sehen aus wie Sau, meine Kunden beklagen sich über meine Abwesenheit und alles geht drunter und drüber. Was hab ich mir dabei gedacht?

Ich weiß, dass es eigentlich allen Vollzeit erwerbstätigen Müttern so geht. Nur, dass ich ja zusätzlich einen Haufen Zeugs lernen muss. Was für ein Wahnsinn.

Mal schaun, ob ich die nächsten drei Jahre überlebe.

Ich wünsche Euch eine gute Woche und schicke mal alles zum Creadienstag, bevor ich meinen Rucksack für heute packe! Macht es besser!