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Marlis Maehrle: Unikat. Handgemachte Bücher binden & gestalten.

Ausflug ins Traumland der Buchliebhaber

Ich muss ja schon zugeben, dass man mit der Menge der rezensierten Bücher durchaus heikel wird. Plötzlich erlangen Eigenschaften eine tiefe Bedeutung, die zuvor unwichtig waren. Wenn ich ein Buch in die Hand nehme, dann freue ich mich, wenn Haptik und Inhalt stimmen. Marlis Maehrle geht es offensichtlich genauso. In Unikat. Handgemachte Bücher binden & gestalten lässt sie uns an ihrer tiefen Liebe zu Papier und zum Buch teilhaben und entführt uns ins Paradies der Bibliophilen.

Bei Marlis Maehrle geht es ums Papier, wie immer. Nicht um irgendein Papier. Um schönes, griffiges, besonderes Papier. Papier mit Geschichte, mit Knicken und Rissen. Damit gestaltet Maehrle sehr persönliche Bücher, jedes davon ein Unikat. In ihrer Werkstatt entstehen kleine Kunstwerke und man darf sich geehrt fühlen, dass sie deren Herstellung nun in Buchform beschreibt, wenn es auch naiv wäre, sich vorzustellen, dass man selbst solche Preziosen nacharbeiten könnte.

Verschiedene Grundformen

Aber als Buchliebhaber erfährt man viel Nützliches über das Buch an sich, über Aufbau und Bezeichnung der Einzelteile. Das hilft dann weiter, wenn man z.B. als Geschenk für liebe Freunde ein Notizbuch gestalten möchte, das zwar nicht so aufwändig wie Maehrles Bücher werden soll, aber doch ein ordentliches Buch. Worauf muss man achten, welche Experimentiermöglichkeiten gibt es, welche Varianten sind tunlichst zu unterlassen?

Bücher waren immer schon besonders, dank Maehrle sind sie es wieder. Mit relativ wenigen Werkzeugen kann jeder ein Unikat herstellen. Maehrle überlässt es dem Leser, wie tief er in die Materie einsteigen möchte. Nur ein Heft oder gleich ein Buch mit Prägung? Es braucht verschiedene Kleber, Schneidewerkzeuge, Zwirne und Farben, die man anschaffen kann, aber nicht muss. Wenigstens Ahle und Cuttermesser sollten vorhanden sein, alles weitere kann dann angeschafft werden, wenn man sein neues Lieblingshobby gefunden hat.

Papier und Buch

Wer aus gutem Papier ein Buch binden will, sollte zumindest ein bisschen über Papier Bescheid wissen. Dank Maehrle sind mir nun Begriffe wie Laufrichtung, Faserrichtung, DIN-Reihe und Breitbahn ein Begriff. Von Seidenpapier über Werkdruckpapier bis hin zu Musterpapieren oder alten Landkarten – fast alles ist in einem schön gebundenen Buch verwertbar und besonders. Anhand der vorgestellten Grundtechniken wird schnell deutlich, welches Papier sich für welche Technik am besten eignet.

Material, Technik und Arbeitsplatz nehmen einen großen Teil ein im Buch, die Hauptattraktion aber bleiben die Projekte. Maehrle zeigt auf über hundertdreißig Seiten, was alles aus Papier und Pappe gestaltet werden kann. Die einzelnen Projekte sind immer sehr akribisch beschrieben, was sicherstellt, dass sie in annähernd gleicher Güte nachgearbeitet werden können. Doch auch für Anfänger und Gelegenheitsbastler sind Projekte dabei, allen voran die wunderschönen und einzigartigen Leporellos, die einigermaßen unaufwändig selbst gemacht werden können.

Kunst und Druck

Maehrles eigene Projekte bewegen sich zwischen Drucktechnik und Kunst. Man sieht, wie gern sie kreativ arbeitet und wie genau sie ist. Für alle, die sich nicht nur für das Binden eines Buches, sondern auch für die Gestaltung des Inhalts interessieren, gibt es im Anhang noch Tipps zur Seitengestaltung und Typografie. Wer mag, benutzt zur Seitengestaltung die Vorlagen zu den einzelnen Kapiteln, ansonsten sind der eigenen Kreativität keine Grenzen gesetzt.

Titelangaben:

Marlis Maehrle: Unikat. Handgemachte Bücher binden & gestalten.

Bern: Haupt Verlag, 2016. 192 Seiten. 29,90 EUR.

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